RUST. Es war ein Kapitel jüngerer Ruster Geschichte, das Kommunalpolitiker über ein halbes Jahrzehnt „bewegt und betrübt hat“ (Bürgermeister Kai-Achim Klare). Jetzt wurde unter den Rechtsstreit über Fehlplanung, Verantwortung und Schadensersatzansprüche der Gemeinde im Zusammenhang mit Wasserschaden und erheblicher Mängel in der Bauausführung beim Kindergarten-Neubau ein Schlussstrich gezogen – mit glimpflichem Ausgang für die Gemeinde: 1,2 Millionen Euro an Schadensersatzanspruch sind jetzt anerkannt, die Schadenshöhe liegt bei 1,5 Millionen Euro. Die Summe sei bereits auf dem Konto der Gemeinde verbucht, erklärten Bürgermeister Klare und der Waldkircher Rechtsanwalt Michael Thoma, der die Gemeinde juristisch in der Angelegenheit vertrat, am Montag vor dem Gemeinderat. Ein Anteil von 400000 Euro der 1,2 Millionen Euro sind über die kommunale BGV-Versicherung (Bauleistungsversicherung) abgedeckt worden. Auf 800000 Euro Entschädigung einigte sich die Gemeinde mit fuchs.maucher.Generalplaner GmbH aus Waldkirch in einem Vergleich erst Anfang Februar dieses Jahres. Mehrere Gutachten mit mehr als 800 Seiten Umfang und 1500 Seiten Korrespondenz seien im mehr als fünf Jahre dauernden Verfahren angefallen, fasste Rechtsanwalt Thoma in seinen Erläuterungen zum Rechtsstreit zusammen.
Der Schaden
Mit fast drei Millionen Euro war das Neubauprojekt kommunaler Kindergarten – heute Kindergarten Elzwiesen – das teuerste Hochbauprojekt der Gemeinde bis zu diesem Zeitpunkt. Das Projekt, geplant und umgesetzt durch den Waldkircher Generalplaner, war zugleich der Einstieg in das städtebauliche Vorhaben „Erweiterung Ost“, zu dem auch die inzwischen erschlossenen Baugebiete Ellenweg II bis IV gehören. Wenige Tage nach der Eröffnung der Kita im Oktober 2012 mussten Erzieherinnen und Kinder schon wieder ausziehen. Wegen eines fehlerhaft installierten Ventils in der Wasserversorgung und wegen eines falsch montierten Abschlussventils in einer Toilettenanlage war es zu einem Wasserschaden gekommen. Es blieb nicht der einzige Eintrag in die Mängelliste: Fensterbänke waren falsch geplant, sodass Regenwasser ins Gebäude eindringen konnte, die Abdichtung des Gebäudes von Außen gegen Grundwasser war fehlerhaft oder gar nicht vorhanden, sodass im Nachgang ein Drainage neu gebaut werden musste, Beschattungen und Belüftungen von Ruheräumen der Kinder waren nicht funktionsfähig oder nicht geplant, auch die Zaunanlage rund um den Kindergarten musste – weil nicht kindgerecht – nachgebessert werden. Insgesamt wurden sieben Mängel dokumentiert. Der gravierendste Mangel: Das eindringende Wasser über die Bodenplatte beziehungsweise der Wasserschaden durch fehlerhafte Installationen. Thoma und Klare lobten hier ausdrücklich das Ruster Planungsbüro Faas, das nicht nur Schäden dokumentierte, sondern durch Nachuntersuchungen weitere Mängel (Stichwort: Drainage) aufgedeckt habe. Dem Ruster Planer war dann auch die Planung und Bauaufsicht der Mängelbehebung übertragen worden, „weil das Vertrauen in den Waldkircher Generalplaner erheblich belastet war“ (Thoma).
Die Gutachten
In einem ersten Gutachten eines Karlsruher Büros (SMP Ingenieure), vom BGV-Versicherer beauftragt, waren die Sachverständigen zum Ergebnis gekommen, dass beim Wasserschaden nicht nur eine Ursache für den Wasserschaden beziehungsweise das eindringende Wasser festzustellen sei, so Thoma. Während fehlerhafte Leistungen von Handwerkern eindeutig feststellbar waren, sei dem Generalplaner etwa in der Bauabdichtung gegen Grundwasser keine fehlerhafte Planung vorzuwerfen, so das Gutachten laut Thoma. Die Analyse des Ruster Planungsbüros war indes eine andere, weshalb der Gemeinderat im Sommer 2014 beschloss, wegen falscher Planung vor dem Landgericht zu klagen. Ohne Nachweis eines Planungsfehlers wäre die Gemeinde beispielsweise auf den Kosten für die nachträgliche Drainage sitzen geblieben. Ein Gegengutachten wurde von der Gemeinde in Auftrag gegeben. Der Sachverständige Hans-Eckart Zipfel aus Bad Krozingen (Thoma: „Einer der Päpste in der Branche“) kam zu anderen Ergebnissen. Unter anderem: Dass Grundwasser eindringen könne, sei ein Planungsfehler und liege deshalb in der Verantwortung des Generalplaners. Ein vom Landgericht bestelltes unabhängiges Gutachten beim Sachverständigen Bernhard Brand (Karlsruhe) habe weitestgehend das Zipfel-Gutachten bestätigt, erklärte Thoma in der Sitzung.
Der Vergleich
Das Landgericht habe den Parteien schon sehr früh im Verfahren einen Vergleich nahegelegt. Nach mehreren Treffen sei es schließlich, so Thoma gegenüber der BZ, am 6. Februar im Schulungsraum im Ruster Feuerwehrhaus zu einer entscheidenden Aussprache gekommen. Die Gemeinde hatte Schadensersatzansprüche an den Generalplaner von rund einer Million Euro geltend gemacht, weitere 400000 Euro seien durch die BGV abgesichert. Der beschlossene Vergleich: Die Versicherung zahlt 400000, weitere 800000 Euro übernimmt der Generalplaner beziehungsweise dessen Versicherung. Rund 300000 Euro der Gesamtschadenshöhe von 1,5 Millionen Euro muss also die Gemeinde berappen. Bürgermeister Klares Kommentar: „Dass es für uns so gut ausgeht, war nicht abzusehen. Danke an alle Beteiligten.“